In der Corona-Krise 2020 lernten wir, dass der Politik das Wohl unserer älteren Mitbürger*innen am Herzen liege.
Ist das so?, fragt der Trotzfunk in diesem Kommentar. (Erstausstrahlung am 3.01.21 auf RUM)
In der Corona-Krise 2020 lernten wir, wie sehr das Wohl unserer Alten Politik und Medien am Herzen liege. Tatsächlich? Deswegen hat Politik aus der Pflege der Alten, auf deren Leistungen wir alle aufbauen, ein Geschäft gemacht? Mit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 wurden Markt und Wettbewerb hier Tür und Tor geöffnet. Das Geschäft mit den alten Menschen ist so lukrativ, dass sich in der Altenpflege mittlerweile professionelle Finanzinvestoren tummeln.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lehnte in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt am 15. August 2018 die kapitalmarktgetriebene Fokussierung auf zweistellige Renditeerwartungen in der Pflege ab und kassierte dafür prompt mehrfach scharfe Kritik von der FAZ. Politisch getan hat sich seither nichts. Womit aber werden denn die Gewinne in der Altenpflege erzielt, wenn dort die Personalkosten 70 bis 80 Prozent an den Betriebsgesamtkosten ausmachen? Und wie es der Zufall so will, wird in der Langfristpflege rund 25 Prozent weniger verdient als in der Krankenpflege. Arbeitsstress und Dauerüberlastung sind seit vielen Jahren traurige Realität in der Altenpflege, die in der Coronakrise noch einmal deutlich zugenommen haben dürften, bis hin zur mancherorts schier unbewältigbaren Überforderung? Und angesichts dieser Bedingungen wundert sich Politik über den in der Pflege seit vielen Jahren vorherrschenden Fachkräftemangel? Um die Schlussfolgerung aus alledem, um die sich Gesundheitsminister Spahn in seinem Gastbeitrag so opportunistisch herumdrückte, ganz klar zu benennen: die Pflege unserer älteren Mitbürger*innen gehört in die öffentliche Daseinsvorsorge und Punkt!
Letztes Jahr wurden dem Politikversagen in der Altenpflege weitere Punkte hinzugefügt. Laut tagesschau. de vom 23. November versprach das Bundesministerium für Gesundheit Mitte Oktober die Möglichkeit großzügiger Nutzung von Schnelltests durch die Alten- und Pflegeheime. Keinen Moment zu früh, möchte mensch da sagen, wären regelmäßig durchgeführte Schnelltests beim Pflegepersonal und vor dem Besuch der Pflegeheime doch in der Tat geeignet, ein mögliches Infektionsgeschehen in den Pflegeheimen abzuwenden oder zumindest frühzeitig zu erkennen. Es bedurfte allerdings erst der Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung um zu erfahren, dass mehr als einen Monat später nur um die 5 Prozent der Einrichtungen diese Schnelltests anwandten. Wie dafür die Verantwortlichkeiten zwischen Politik, Heimbetreibern, Zulassungsbehörden und Vericherungsträgern verteilt sind, muss unbedingt aufgearbeitet und die nötigen Schlussfolgerungen daraus gezogen werden.
Inzwischen ist in vielen der rund 12.000 Alten- und Pflegeheime in Deutschland das SARS-Cov-2 Virus mit verheerenden Folgen eingedrungen. Dennoch hatten Ende November laut tagesschau.de weder das Bundesgesundheitsministerium noch der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung noch das RKI ein genaues Lagebild. Gleiches gilt für die Frage, wie viele der Heimbewohner*innen wieder isoliert werden, was die Bundesregierung versprach, unbedingt vermeiden zu wollen. Dafür besteht übrigens nicht einmal eine Anzeigepflicht, als wäre die Isolierung von alten Menschen nicht ein enormer, folgenreicher Eingriff in ihre Grundrechte!
Vieles weitere hätte inzwischen für den Schutz der besonders vulnerablen Gruppen unserer Gesellschaft getan werden können, ja müssen: ihre kostenlose Versorgung mit verlässlichen FFP-2-Masken etwa. Wir betonen, mit verlässlichen FFP-2-Masken. Denn nach den Recherchen des Politikmagazins Report Mainz vom 1. Dezember 2020 sind bis zu zwei Drittel der auf dem Markt befindlichen FFP-2-Masken hinsichtlich ihrer Schutzfunktion problematisch. Sogar in Kliniken wie dem Ludwigshafener sei mit mangelhaften Schutzmasken auf Coronastationen gearbeitet worden mit den entsprechenden Folgen für das Pflegepersonal, dessen Wohl der Politik ja ebensosehr am Herzen liegt. Selbst der Bezug von FFP-2-Masken aus Apotheken ist nicht sicher, wie wir ebenfalls dem Bericht von Report Mainz entnehmen müssen. Wie bitte kann das 9 Monate nach dem offiziellen Ausbruch der Coronaepidemie in Deutschland sein?
Schon bundeseinheitlich durchgeführte, einfache Maßnahmen wie spezielle Einkaufszeiten für die älteren Mitbürger*innen oder kostenlose Taxifahrten für vulnerable Gruppen für die Besorgungen des täglichen Bedarfs würden zu ihrem Schutz beitragen. Stattdessen bieten sich einem die absurdesten Bilder: Am Montag, den 14. Dezember, zwei Tage vor dem am Sonntag verkündeten zweiten Shutdown, fuhr an uns in der Universitätsstraße Marburgs die Linie 1 vorbei. An ihrem Heck stand zu lesen: „Abstand halten rettet Leben – überall!“ Und in der Linie 1 saßen die Leute nicht nur dicht an dicht, nein, sie standen auch dicht an dicht gedrängt im Bus. Und zwar die Menschen, die wohl vorwiegend aus sozialen und physischen Gründen nicht mit dem Auto in die Stadt rollten. Denn der Blechlawinenstau an diesem Tag ging bis weit außerhalb des Innenstadtkerns. Dasselbe Bild bietet sich einem in zahlreichen Städten dieses Landes in den Schulbussen. In den Schulen Abstand halten und Maske auf, anschließend dicht an dicht gedrängt nach Haus, weil Politik nicht einmal in der Lage ist,mehr Busse bereitzustellen? Und das, obwohl die Reisebusbranche angesichts des Shutdowns im Tourismus doch eine Menge Kapazitäten frei haben dürfte. Soll das noch irgendwer verstehen? In dieses Gesamtbild passt, dass die Effizienz von Luftfiltern in den Schulklassen nicht einmal systematisch ausprobiert worden ist. Stattdessen amüsierte man sich mit esoterisch anmutenden Debatten darüber, ob sich auch Schüler*innen mit dem Virus infizieren und diesen weitergeben könnten. All diese Maßnahmen wären durchaus geeignet gewesen, dass Inzidenzgeschehen zu verzögern und schwere Krankheitsverläufe zu mindern.
Stattdessen setzt Politik einseitig auf ökonomisch und sozial schwerwiegenden Lockdowns und Impfmaßnahmen. Und auch hier präsentiert sie ihr Versagen auf ganzer Linie, indem sie ihrer Informationspflicht über die im teleskopierten Verfahren auf neuer M-RNA-Technik entwickelten Impfstoffe nicht nachkommt. Solche Aufklärung ist aber notwendig, damit jede und jeder für sich selbst abwägen kann zwischen dem Risiko einer SARS-Cov-2-Infektion und dem möglicher, bisher unbekannter Nebenwirkungen einer Impfung.
Voraussichtlich in unserer nächsten Livesendung im Februar werden wir uns damit ausführlicher auseinandersetzen.