Interview mit Wolfgang Schorlau, Autor des politischen Krimis „Die schützende Hand“, anlässlich einer Lesung in Marburg im Sommer.
Buchkritik zum Interview: Wolfgang Schorlaus politischer Krimi „Die schützende Hand“, der achte Fall seines Privatdetektivs Georg Dengler, ist hervorragend gut recherchiert. Er bietet einen ausgezeichneten Einblick in den detailreichen NSU-Komplex. Eine seiner Stärken ist die Ziehung einer Verbindungslinie zu den Ereignissen Anfang der 1990er Jahre im gerade „wiedervereinigten“ Deutschland, als Flüchtlingsheime brannten, Medien „Das Boot ist voll“ trommelten und die Politik das Grundrecht auf Asyl de facto abschaffte.
Zuweilen wirkt Schorlaus Krimi aber auch überfrachtet. Gerade weil sein Buch mit einem durch einen umfangreichen Anmerkungsapparat noch unterstrichenen Authentizitätsanspruch daherkommt, was Schorlau die Einladung als Experten im baden-württembergischen NSU-Ausschuss einbrachte, ist etwa die doch sehr spekulativ erscheinende Thematisierung auch noch des Mordes an den Bankier Alfred Herrhausen ganz unnötig. Und einige antiamerikanische Ausritte wären sicherlich ebenso zu ersparen gewesen. Auch wenn die USA der nach wie vor stärkste kapitalistische Staat auf unserem Planeten ist, macht dieser Umstand die BRD noch lange nicht zu ihrem Vasallenstaat. Zutreffender wäre dieses Verhältnis als ein dialektisches von Konkurrenz und gemeinsamen Interessen zu charakterisieren. Und Steuervermeidung ist ganz sicher kein Alleinstellungsmerkmal US-amerikanischer Großkonzerne, wie in diesem Krimi fast suggeriert wird.
Insgesamt aber ist „Die schützende Hand“ ein sehr empfehlenswertes Buch. Die kompakte und gut nachvollziehbare Erzählung der NSU-Geschichte wirkt schockierend. Umso beunruhigender ist das doch relativ geringe Interesse an ihrer vollständigen Aufklärung sowohl der Politik als auch der Öffentlichkeit.